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Netzentgelt – Ideal und Wirklichkeit

„Im Sinne energieeffizienter Netze sollte elektrische Energie möglichst „elektrisch nahe“ am Ort der Erzeugung verbraucht werden bzw. sollten die Transportwege im Sinne niedriger Transportverluste (Leitungs- und Transformatorverluste) kontrolliert werden.“

Aus dem wissenschaftliches Gutachten der TU Graz Prof. Dr. Lothar Fickert (im Auftrag der OÖ. Landesregierung) zur 110 KV Leitung Almtal-Kremstal, Dezember 2010

Dass dies nicht immer möglich ist, wollen wir nicht bestreiten. Erstrebenswert ist es wohl allemal. Die Wirklichkeit sieht leider vollkommen anders aus.

Offenbar besteht ein wesentliches Ziel der Energie AG zur „Gewinnoptimierung“ im Ausbau des öffentlichen Stromnetzes. Die EU hat den Leitungs-Monopolisten, wie z.B. der Energie AG (bzw. ihrer „Netz-Tochterfirma“), einen „Überwacher“ in Form der E-Control zur Seite gestellt. Dadurch können sich die dem Endverbraucher verrechneten Netzkosten der schon bestehenden, öffentlichen Netze nicht grenzenlos erhöhen. Daher werden logischer Weise immer neue Leitungen in das bestehende Gesamtnetz „eingeflochten“, denn nur so erlaubt die Regulierungsbehörde höhere sogenannte „Netzentgelte“.

Laut E-Control fallen in Österreich rund 2,3 Mrd. an Netzentgelten (pro Jahr) an, das ist rund ein Drittel der jeweiligen Stromrechnung. Weiters wird angeführt, dass sich die Netzentgelte strukturell rapide verändern: Im Zeitraum von 2012 – 2018 wurden die Netzentgelte für Entnehmer (Endkunden) um 17% erhöht, die der Einspeiser (also Stromerzeuger) um 80% reduziert! Eine klare Verschiebung der Netzkosten zu Ungunsten der Endkunden!
Seitens der E-Control wird aktuell auch überlegt, einen Mindest-Netzpreis für Kunden ohne Strombezug, sog. Nullverbraucher, in der Höhe von 80-100€ (wohl: pro Jahr) einzuführen. Das wird wohl vor allem jene treffen, die Strom selbst für den Eigenverbrauch erzeugen (sei es über Photovoltaik, Gärgas o. ä.) und nur im Notfall (bzw. „Versorgungslückenfall“, z.B. bei Dunkelflaute) aus dem öffentlichen Netz Strom beziehen. Treffen wird das in Zukunft sicherlich auch die EEGs (Erneuerbare Energiegemeinschaften, das sind sog. Dorf- oder Hausgemeinschaften in lokaler Nähe, die den selbst erzeugten Photovoltaik-Strom je nach Anfall und Bedarf ausschließlich untereinander tauschen und verrechnen).

Den Energieunternehmen wird seitens der E-Control eine Rendite – diese wird als Eigenkapitalverzinsung betitelt - mit aktuell 6,42% aus dem Netzentgelt zuerkannt. In Zeiten von Nullzinsen ist dies ein relativ hoher Gewinn für eine „todsichere“ Investition, den wir (als das öffentliche Stromnetz selbst finanzierende) „Zwangs-Kunden“ abzuführen haben.

Doch die Energie AG (wie auch alle anderen der öffentlichen Hand gehörenden Energieversorger – bzw. deren „Netz-Tochterunternehmen“) haben schon einige Zeit lang das Problem, dass der Stromverbrauch zwar steigt, die Leitungsbelastung im öffentlichen Netz aber sinkt (!!!). Das klingt zwar paradox, geht aber aus einem Lagebericht der Netz OÖ GmbH zum Bilanzstichtag 30.9.2019, also vor Corona, hervor. Darin wird festgestellt, dass gegenüber 2018 2,8% weniger Strom über das öffentliche Netz geliefert wurde. Als Begründung wird angeführt: „Dieser Mengenrückgang ist auf einen Rückgang im Industriekundensektor, der aus einer höheren Eigenerzeugung resultiert, 2 zurückzuführen.“ Das bedeutet wohl, dass bereits viele Industrieunternehmen in OÖ ihren Strom (z.B. mit eigenen Kraftwerken aus Erdgas) selbst günstiger produzieren. Es gibt hier auch Mischformen, wie ein Beispiel aus der Praxis zeigt: Der Energieversorger installiert im sog. Contracting auf eigene Kosten eine Photovoltaik-Anlage auf den Dächern eines Industrieunternehmens. Das Industrieunternehmen bezieht aus dieser Anlage den gewonnenen Strom ohne Netzentgelte). Nach rund 8 Jahren geht die Anlage vertragsgemäß in das Eigentum des Industrieunternehmens über. Wenn die kurz vor der Serienreife stehenden, neuen Stromspeichertechnologien (Wasserstoff, neue Akku-Technologien) zum Einsatz kommen, wird sich die Netzlast im öffentlichen Stromnetz weiter progressiv verringern - und damit natürlich auch die noch üppig sprudelnden Gewinne der Energie AG (aus dem Geschäft der „Netztochter“).

Diese sich abzeichnenden Einnahmensverluste versucht die Energie AG (und viele andere Netzbetreiber natürlich auch) durch steten weiteren Netzausbau zu kompensieren. Mit jeder neuen Leitung genehmigt die E-Control höhere Netzentgelte. Dringender und sinnvoller wäre es, die hohen Erlöse aus dem Netzentgelt umfassend in neue Leitungstechnik (Erdverkabelung, die gegenüber Witterungsextremen viel resilienter ist als Freileitungen) zu investieren. Das würde Stromausfälle und Blackout-Risiken wirklich hintanhalten.

Im Zuge der Öffnung des Strommarktes durch die EU musste schrittweise eine Auftrennung innerhalb der bisherigen Energieversorgungsunternehmen stattfinden, wodurch das öffentliche Stromnetz in eigene, unabhängige Gesellschaften ausgelagert werden musste. Im Wesentlichen sollte diese Regelung dazu führen, dass das öffentliche Stromnetz unabhängig vom konkreten Stromanbieter des Endabnehmers geführt wird, und sollten auch die entstehenden Kosten für das Netz dadurch transparenter ermittelt werden.
Die Energie AG hat allerdings bemerkenswerter Weise „ihr“ Stromnetz behalten und dieses nur an die Netz OÖ GmbH verpachtet. Neuinvestitionen werden von der Energie AG getätigt. Nur einfache Erhaltungsaufwendungen dürfen von der Netz OÖ GmbH selbst erledigt werden.
ie Unabhängigkeit des Netzbetriebes bei der Energie AG kann daher angesichts dieses Vertragskonstrukts wohl kritisch hinterfragt werden. Die Netz OÖ GmbH ist zwar formalrechtlich ein eigenständiges Unternehmen mit eigenen Geschäftsführern, jedoch ist der Vorstandsvorsitzende der Energie AG zugleich auch im Aufsichtsrat der Netz OÖ GmbH.
Durch diesen unternehmensinternen „Pachtvertrag“ fließen die Gewinne der Netz OÖ GmbH letztlich in die Bilanz der Energie AG ein. Das Netzmonopol verhilft daher der Energie AG zu üppigen Gewinnen, die dann an die Aktionäre (im wesentlichen OÖ Landesholding, Raiffeisen, Linz AG, TIWAG-Tiroler Wasserkraft, Verbund, Oberbank und wenige andere unter 5% Anteil) großzügig ausgeschüttet werden. Dass hier auch Gewinne aus der wettbewerbslosen Netzmonopol-Verwaltung ausgeschüttet werden können, war wohl nicht im Sinne des Erfinders (EU-Gesetzgebung).

 Zusammenfassend kann man sagen:

  • die E-Control gewährt den Netzmonopol-Betreibern 6,42% Rendite auf das eingesetzte Kapital;
  • die Netzlast im öffentlichen Stromnetz ist bereits länger rückläufig (auch schon vor der Pandemie), da sich die Industrie vermehrt den Strom mit eigenen Kraftwerken günstiger erzeugt3
  • die Energie AG plant wohl ständig neue Leitungen, um sinkende Erlöse durch den geringeren Stromtransport zu kompensieren
  • die „Verpachtung“ der Monopol-Leitungen an die Netz OÖ gewährt der Energie AG und deren Aktionären im Ergebnis erhebliche Dividenden
  • Haushalte werden ihre Photovoltaik-Anlagen in Zukunft zu EEGs zusammenschließen und nicht mehr in das öffentliche Netz einspeisen, sondern in hohem Ausmaß teilautonom (oder sogar komplett autonom) sein können. 

Warum sollen wir dann in gigantischem Ausmaß geplanten Netzausbau über letztlich überhöhte Netzentgelte finanzieren?

Rudolf Niederwimmer

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